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Es tanzt der Held im Autobus

Kathmandu, 26. März

Kathmandu macht mich wahnsinnig! Kaum steht man mit einem Fuß auf den Boden dieser Stadt, wird man sofort von Chaos und Hektik mitgerissen.
Dabei dachte ich eigentlich, die Busfahrt sei in dieser Hinsicht bereits der Höhepunkt des Tages gewesen. Ich glaube, inklusive Ess- und Pinkelpausen war ich neun Stunden mit dieser rollenden Konservendose unterwegs. Aber nachdem ich auf der ersten Teilstrecke zwischen Syabru Bensi und Dunche noch befürchtete, mein Frühstück aus dem Fenster befördern zu müssen, stellte sich nach und nach eine gewisse Gelassenheit den Straßenverhältnissen gegenüber ein.

Was das "Sich-der-Malzeit-entledigen" betrifft, waren Andere aber offensichtlich nicht so zimperlich, wie diverse Spuren am Busäußeren verrieten. Ich könnte auch darauf wetten, dass es sich dabei um Ex-Dal Bath gehandelt haben muss, denn eben dies haben sich sämtliche Businsassen (außer mir!) während einer Pause an einem einsamen "Schnellrestaurant" in Windeseile reingeschaufelt. Wirklich, dieses Essen wird von den Nepalesen geradezu inhaliert. Wahrscheinlich essen sie nur deshalb mit den Fingern, weil es auf diese Weise noch schneller geht. Und welche Mengen sie dabei verdrücken...

Nachdem dann alle satt und glücklich waren, kam das eigentliche Highlight der Reise: Im Busfernseher lief ein indischer Spielfilm! Unglaublich, ich habe noch nie so einen abenteuerlichen Blödsinn gesehen. Am Anfang dachte ich noch, es sei eine Komödie, aber dann starb das Mütterlein und kurz darauf wurde der Bruder des Helden übel erdolcht - alles sehr tragisch. Liebende wurden getrennt und fanden sich wieder, der Held wurde angeschossen und von Brücken gestürzt und verlor dennoch nicht die Freude daran, zwischendurch immer wieder eine kleine Tanzeinlage beizusteuern und mit seiner Liebsten ein Liedchen zu trällern. Das alles hatte insgesamt die Ausdrucksstärke eines dieser Märchenfilme aus der ehemaligren DDR (inklusive Gedankenstimme aus dem Off, bei dazugehöriger zerfurchter Stirn).

Ich habe einen Nepalesen einmal gefragt, wie populär denn diese Musik wäre, die ständig aus allen Lautsprechern dudelt und er sagte, so richtig beliebt wären die Lieder nur, wenn sie in einem Film vorkämen. Jetzt weiß ich, was er meinte!
Erstaunlicherweise scheint es in Indien nur ungefähr sechs verschiedene Schauspieler zu geben, denn auf allen der vielen Filmplakate, die hier überall kleben, erkenne ich die selben Gesichter. Auf einem Plakat ist unser Held zum Beispiel mit energischem Gesicht und dramatisch blutender Stirnwunde zu sehen. Ich kann mir schon lebhaft die dazugehörigen beschwingten Tanzeinlagen vorstellen...

Aber zurück zum Chaos: Der Bus hielt schließlich irgendwann am Busbahnhof in Kathmandu. Dachte ich zumindest, denn es war ja die selbe Haltestelle, an der ich dereinst auch den Bus in die entgegengesetzte Richtung bestieg. Damals war ich der festen Überzeugung, mich am Busbahnhof im Zentrum Kathmandus zu befinden - das kommt davon, wenn man sich ausnahmsweise von einem Taxi zur Haltestelle fahren lässt. Fatal!
Denn die Station, an der ich vor zwei Wochen eingestiegen und heute wieder ausgestiegen bin, war zwar der Busbahnhof von Kathmandu - aber der Neue!
Es hat mich eine Ewigkeit der Rumrennerei und erfolglosen Fragerei gekostet, bis heraus fand, dass es zwei davon gibt. Und die Haltestelle, an der ich mich gerade befand, liegt leider, leider außerhalb Kathmandus. Kein Wunder also, dass ich keine Ecke wiedererkannte und mir kein Mensch glauben wollte, dass ich vorhatte, zu Fuß zur Freak Street zu gehen.
Ich habe mich schließlich entnervt und willenlos in einen Minibus verfrachten lassen, der mich zu meiner ausdrücklichen Überraschung tatsächlich am alten (!) Busbahnhof absetzte.

Glücklich zur Freak Street gewandert, ging der Stress allerdings weiter, denn ich bekam kein Zimmer mehr. Einzelzimmer waren alle besetzt und Doppelzimmer zu teuer (und ich mal wieder zu knauserig...). Nach langem Suchen bin in ich nun in einem Hotel hinter den Tempeln vom Dubar Square gelandet. Jetzt freue ich mich erst einmal darauf, die Blätterteigtasche mit Gemüsefüllung zu verputzen, die ich mir nach zwei Wochen Reis und Kartoffelsuppe gegönnt habe. Und morgen muss ich mich dann mal wieder ganz vorsichtig an den Rhythmus Kathmandus gewöhnen. Bin mal gespannt, wie es hier aussehen wird, denn angeblich findet, wie so oft, ein von der Opposition ausgerufener Generalstreik statt. Ich könnte darauf wetten, dass dort, wo sich die Touristen tummeln, trotzdem alles so laufen wird, wie gewohnt.


Mittags in der Mitte gehen

Kathmandu, 27. März

So schlimm ist diese Stadt gar nicht. Man muss sich nur auf sie einstellen und versuchen, sie zu mögen.
Bin heute lange herumgewandert und habe hoch oben auf den Tempelstufen am Dubar Square gesessen und das Treiben unter mir beobachtet. Die Straßen wimmelten wie immer von Menschen, obwohl die Geschäfte heute tatsächlich alle geschlossen waren. Das heißt, einige von ihnen hatten trotz zugezogener Rollläden klammheimlich ein offenes Türchen - moralisch gesehen also eher ein Akt der Raumbelüftung, als des Streikbrechens. Aber es hatte schon etwas sehr exklusives, einmal in Ruhe Kathmandus Häuser und Tempel betrachten zu können, ohne von Hunderten geschäftstüchtiger Händler bedrängt zu werden. Diese wundervolle Ruhe findet man sonst nicht mal am Samstag - auf dem Papier der offizielle nepalesische Ruhetag.
Die Steigerung dieses ungewöhnlich friedvollen Ambientes gab es dann am frühen Nachmittag: Es begann in Strömen zu regnen. (Nicht, dass die Stadt, wie ich zuerst hoffte, dadurch sauberer geworden wäre...)

Nachdem ich durch furchteinflößenden Dauer-Donner aus meinem Mittagsschlaf (ich fühlte mich heute morgen nicht so gut ) geweckt wurde und es wie aus Kübeln zu schütten begann, hielt ich es nicht mehr lange in meinem trostlosen Hotelzimmer aus. Zumal man durch die getönten Scheiben bösartigerweise nicht hinaus sehen konnte. Die Fenster der nepalesischen Lodges sind sowieso ein Fall für sich. Ich kann nur jedem raten, in den engen Gassen Kathmandus so gut wie möglich in der Mitte zu gehen. Nicht nur, dass man damit vermeidet, dass einem jemand auf den Kopf spuckt. Es vermindert auch das Risiko, von einer aus dem dritten Stock heruntersausenden Glasscheibe nebst komplettem Rahmen erschlagen zu werden. Die Teile gehen alle nach Außen auf und sind nichts anderes als klapprige Konstruktionen aus dickem Glas und morschen Holz, die mit etwas Glück an zwei rostigen Schrauben hängen.

Aber zurück zum Regen. Scheinbar sind noch nicht einmal die Einwohner Kathmandus bei so einem Regen vor die Tür zu bekommen. Die Straßen waren fast menschenleer , der Regen warm, die Pfützen schlammig braun. Ich habe es genossen, das Viertel einmal so gut wie für mich allein zu haben - ein Zustand, der wahrscheinlich erst in zwanzig Jahren wieder eintreten wird. Ähnlich einer Sonnenfinsternis: Das perfekte Zusammenspiel mehrer äußerst seltener Bedingungen.

Leider überfiel mich bald der Hunger und ich erkannte rasch die Nachteile nepalesischer Streiklust: Keine Bäckerei war offen, kein fliegender Gebäckhändler zu sehen. Also musste ich gezwungenermaßen in einem Restaurant einkehren, was sich aber im Nachhinein als Glücksgriff erwies. Denn obwohl ich das Lokal schon so gegen vier betrat, kam ich erst um kurz vor neun zurück auf mein Hotelzimmer.
Als ich gerade meine Nudeln bezahlen wollte, kam ich mit einem urigen Typen ins Gespräch, der aussah wie Buffalo Bill in einer Wolldecke und sich als derjenige entpuppte, der am Restaurant mit "Today special menue from Austrian Cook" angekündigt wurde. Irgendwie ist dem Armen einst das Rückflugticket abhanden gekommen und jetzt muss er solange Palatschinken und Rösti kochen, bis er das nötigste Geld zusammen hat, um wieder Heim zu reisen.

Im Laufe der Zeit bildete sich dann ein lustiges Grüppchen aus österreichischem Koch (Josef, nepalesischen Fusel trinkend), einer Deutschen namens Birgit, dem gutaussehenden Amerikaner Aron und meiner Wenigkeit. Wie sprachen über Kunst, Bücher und Hindi-Spielfilme, die wir nebenbei im Restaurant-Fernseher zu beäugen das Vergnügen hatten. Das brachte mich auch auf die Idee, hier morgen ins Kino zu gehen, um mir so einen oscar-nominierten französisch-nepalesischen Film anzugucken. Ein nepalesisches Kino zu besichtigen, ist sicher eine weitere Bereicherung meiner Reise. Ich freue mich schon. Hoffentlich zeigen sie vorher Werbung!


Schlager, Shoppen, Stromausfall

Kathmandu, 28. März

So langsam beginne ich mich an Kathmandu zu gewöhnen. Aber wenn ich die Stadt nicht bald verlasse, wird sie mich noch frühzeitig ruinieren.
Ich habe heute viel zu viele Rupien unters Volk gebracht. Zum einen für Taschenlampenbirnen (hurra!), nachdem ich fast schon sicher war, die segensreiche Erfindung der Taschenlampe hat es bis dato noch nicht bis Nepal geschafft. Zum anderen für eine herrlich sinnlose Kassette mit den schönsten Liedern erlesener Hindi-Spielfilme. Der Verkäufer des kleinen Trödelladens muss mich für total durchgeknallt gehalten haben. In die Seitenstraßen Kathmandus verirrt sich außer mir sowieso kein Tourist, erst recht keiner, der eine Schlagerkassette kauft, bei deren Genuss sich sicher schon manchem Nepalesen die Zehennägel kräuseln.

Das meiste Geld ging aber für den Luxus eines Samtjäckchens mit Stickerein drauf, das ich nach meiner Vorstellung habe anfertigen lassen- in nur drei Stunden! Der Meister wollte mich später noch zum Tee einladen, aber ich habe dankend abgelehnt. Er hat mir bei der Anprobe sowieso schon ein bisschen zu viel am Jäckchen herumgezupft...

Beim "Shoppen" habe ich schließlich auch Jaya kennen gelernt. Das war total süß: Ich kauerte in einem dieser winzigen und viel zu niedrigen Lädchen, um Bindis auszusuchen, als sich zwei total sympathische junge Nepalesinnen zu mir gesellten und einen Riesenspaß dabei hatten, mir beim Auswählen zu helfen. Und das, obwohl Jaya (man spricht sie übrigens "Soja") und ihre kleine Schwester noch weniger Englisch sprachen, als ich Nepali.
Die Beiden fanden mich offensichtlich so drollig, dass sie mich regelrecht entführten und ich schließlich - obwohl ich eigentlich ins Kino wollte - in ihrer Wohnung landete. Das heißt, alles was ich kennen lernte, war ein winziges Zimmer, kaum größer als das Bett, hoch oben unterm Dach eines muffeligen dunklen Hinterhof-Hauses. Putzigerweise musste der kleine Junge, den wir unterwegs als Dolmetscher aufgelesen hatten, dann erst einmal mit meiner Kamera eine Sammlung von Fotos von uns allen, nebst altem Mütterlein machen. Jaya bestand darauf, mich für morgen bei sich einzuladen, also habe ich meine Abreise nach Pokhara um einen weiteren Tag verschoben. Ich freue mich schon darauf.

Ins Kino bin ich übrigens trotzdem noch gekommen. Ich sah "Caravanne", einen total schönen, schlichten Film über das Leben nepalesischer Nomaden tibetanischen Ursprungs in Dolpho. Vieles von dem, was sie zeigten, kam mir total vertraut vor, auch wenn die Existenz der Menschen im Film noch um einiges härter ist, als das, was ich bisher an armem Leben in den Bergen kennen gelernt habe.

Der Film hatte übrigens zwei Pausen: Einmal, um im Foyer Knabberzeug kaufen und den Hintern von den harten Sitzen erholen zu können, zum anderen, weil der Projektor zwischenzeitlich seinen Geist aufgab.
Apropos: Als ich nach dem Film, so gegen hab acht, in die Freak Street zurückkehrte, konnte ich die Hand vor Augen nicht sehen. Ich fragte mich ernsthaft, wieso mir gestern Abend nicht aufgefallen war, wie dunkel diese Straße eigentlich ist. Bis ich die Kerzen entdeckte, die die Geschäfte mühevoll, aber vergebens zu erleuchten versuchten. Es war einfach mal wieder der Strom ausgefallen, was aber niemanden zu beeindrucken schien. Man prophezeite mir, um acht gibt es wieder Licht und - schwupps - so war es auch.


Fotosafari im Schweinchensari

Kathmandu, 29. März

Uff, der heutige Tag war anstrengender als ein Trekkingtag im Himalaya.
Zuerst wurde ich von Jayas Mutter mit Tee und Schmalzkringeln abgefüllt, während ich mit Jayas Sohn mal wieder Schulbücher durchblätterte und englisch-nepalisches Kauderwelsch von mir gab. Danach quetschten wir uns alle in ein Taxi und fuhren zum Haus von Jayas Bruder (offensichtlich einer der wohlhabenderen Nepalesen), um mich in einem kleinen Laden, der zum Haus gehört, inmitten sämtlicher weiblicher Mitglieder der Familie nebst Freundinnen als die Sensation des Tages mit Getränken bewirten zu lassen. Die jungen Frauen kamen schließlich auf die großartige Idee, mich in einen Sari zu stecken und zu fotografieren. (Letzteres taten sie übrigens schon die ganze Zeit: Dutzende von Gruppenbildern in wechselnden Konstellationen und in der Mitte immer Petra.)

Alle hatten einen unglaublichen Spaß daran, mich wie eine lebende Barbiepuppe in fünf Meter Stoff zu wickeln. Das dazugehörende Blüschen platzte fast aus allen Nähten, als ich europäisches Monstrum mich hinein zwängte. Mir wurden die Haare gebürstet, die Lippen geschminkt und ein Bindi zwischen die Augenbrauen geklebt. Es war superlustig. Aber ich fand mich im schweinchenrosa Sari doch etwas befremdlich. Gott sein Dank konnte ich die Mädels von der Idee abbringen, ich solle beim Tempelausflug, den wir vorhatten, den Sari tragen. Ich weiß nicht, wer sich mehr abgerollt hätte, die Einheimischen oder die Touristen.

Schließlich musste ich zu aller Freude und immer im Visier meiner eigenen Kamera noch eine gigantische Menge Dal Bath verdrücken (obwohl ich gar keinen Hunger hatte). Wahrscheinlich war es ein Fehler, dass mich der Ergeiz packte, so wie die Nepalesen mit den Fingern zu essen, denn es dauerte eine Ewigkeit, bis ich es heraus hatte, ein paar Reiskörner in meinen Mund zu schieben, bevor sie mir durch die Finger glitten. Ich hätte nicht gedacht, wie kompliziert es ist, ohne Besteck zu essen.

Zu fünft (vier Frauen und ein Kind) bestiegen wir dann wieder einmal ein Taxi und fuhren zum "Monkey-Tempel" Swoyambhu, den man mir unbedingt zeigen wollte. Tatsächlich war es wunderschön da: Hoch über Kathmandu gelegen, heimgesucht von Affen und Touristen, bevölkert von singenden Mönchen und pilgernden Buddhisten.
Die Religionen Nepals sind schon ein faszinierender Mischmasch. Obwohl Jaya, Laxma und der kleine Anyan Hindus sind, fanden sich im Tempel doch immer wieder Statuen und Symbole, die auch ihnen heilig zu sein schienen. Chhunu, die Schwester der Schwägerin, ist hingegen Buddhistin, eine sehr nette und für Nepals Verhältnisse sehr moderne junge Frau. Die erste in Jeans und T-Shirt, die ich kennen lernte.
Spaßigerweise konnten es alle nicht verstehen, dass ich nicht die ganze Zeit Fotos machte. Sie ermunterten mich ständig, jeden Schnickschnack zu fotografieren und meistens tat ich ihnen den Gefallen. Aber betende Mönche abzulichten, das habe ich nicht über mich gebracht. Erschien mir einfach unpassend.

Ich bin sehr froh, Jaya und ihre Familie kennen gelernt zu haben. Alle sind unglaublich liebe und herzliche Menschen. Ich werde es wahrscheinlich nicht mehr schaffen, in diesem Urlaub noch ein weiteres Mal bei ihnen vorbei zu schauen, aber schreiben werde ich auf jeden Fall. Schön, zu wissen: Ich habe eine Freundin in Kathmandu.


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Petra und ihr Tagebuch
Hindi-Movi
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Bindi
Sonn- und Feiertags-Bindi
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(May peace prevail on Earth.)