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Entspannt wie ein gekochter Fisch

Tatopani, 12. April

Es war gar nicht so einfach, mich heute morgen selber davon zu überzeugen, liegen zu bleiben und einen Ruhetag einzulegen. Ich wollte unbedingt gehen, aber die Füße gehorchten nicht, der Körper war saft- und kraftlos und meine Motivation gleich Null. Als ich nach langem Ringen endlich die Entscheidung traf, Zeitplan Zeitplan sein zu lassen, fühlte ich mich gleich viel, viele besser. War eine gute Idee, mich etwas zu erholen. Hatte ich bitter nötig. Ein dreifaches Hoch auf´s Kuchendorf!

Der Tag begann sehr entspannend mit einem Sitzbad in einem der Heiße-Quelle-Pools am Fluss. Eine Art übertemperierte Badewanne. Nach einer Minute fühlte ich mich wir ein gekochter Fisch. Zumal ich aus Rücksicht auf die Einheimischen in voller Montur - das heißt T-Shirt und Wollschal, den ich mir um die Beine gewickelt hatte - hinein begeben habe. (Andere waren da leider nicht so zimperlich. Habe viel bleiches Westfleisch gesehen...)

Aber zurück zum Thema: Meine Füße waren mir, glaube ich, sehr dankbar dafür, abwechselnd gekocht und dann unter kaltem Wasser abgeschreckt zu werden. An den heißen Quellen habe ich auch eine junge Engländerin getroffen, die mir dieses Spiel, um das sich in jedem Dorf auf der Straßen Dutzende von Männern scharen, beigebracht hat. "Carrom" ist so etwas wie Billard für Arme. Ein quadratisches Holzbrett, auf dem farbige Plättchen herum geschnippt und in Ecklöchern versenkt werden. Wir haben uns allerdings so doof angestellt, das unser Spiel ewig dauerte und bezeichnenderweise all die Schaulustigen, die sich um uns versammelt hatten, nach und nach verschwanden.

Nach dem heutigen Gammeltag bin ich morgen sicher wieder fit und dann geht´s mit frisch gewaschenen Klamotten, einem aufgestockten Vorrat an Bonbons und hoffentlich neuer Motivation wieder ab in den Staub.


Wasser knirscht und Gerste gärt

Ghasa, 13. April

Als ich gestern schrieb, ich würde mich heute wieder in den Staub begeben, hatte ich tatsächlich Recht - und wie!

Stundenlang nichts als Hitze und Dreck. Dabei hätte der Weg eigentlich ganz schön sein können: Es ging die ganze Zeit parallel zu einem Fluss, durch eine lange, tiefe Schlucht. Angeblich - bergbedingt - die tiefste der Welt. Aber die Hitze machte mir wieder schwer zu schaffen. Ich habe literweise Wasser in mich hinein gekippt - mitunter rechts sanddurchsetzt, weil ich es aus Verzweiflung an einem kleinen Wasserfall abgezapft habe.
Insgesamt habe ich mich schon mal frischer gefühlt. Teilweise ließ meine Motivation schwer zu wünschen übrig. Das besserte sich allerdings schlagartig, als ich irgendwann wieder mal aufwärts kraxelte und unvermutet - sozusagen hinter einer Ecke - eine völlig veränderte Landschaft vorfand, erdigbraun und dunkelgrün. Im Licht der zum Untergehen vorbereiteten Sonne sahen die Hügel, der Fluss, die Tannen aus, wie das Gemälde eines alten Meisters. Genau an dieser Stelle began auch ein neuer Distrikt Nepals: Mustang. Selbst die Menschen hier erschienen mir wieder freundlicher, sogar hübscher, als die, die ich Wochen zuvor im und ums Basiscamp traf.

Während meines ganzen heutigen Weges, vor allen Dingen aber gegen Ende, kamen mir immer wieder mehr oder weniger große Grüppchen von Nepalesen entgegen, teilweise alt und gebrechlich, aber immer guter Stimmung. Ich fragte mich, ob sie alle in Ghasa arbeiten würden, aber dann erfuhr ich, dass es sich bei ihnen um Pilger handelt, die auf dem Weg von Muktinath nach Hause sind. Buddhisten und Hindus aller Sorten und jeder von Ihnen, egal ob alt oder jung, macht den gleichen Weg wie ich - Wahnsinn! Vielleicht werde ich ja auch ein bisschen erleuchtet, falls ich es schaffe, in Muktinath anzukommen.
Wenn ja, werde ich es leider ohne Fotoapparat tun, denn meine liebe, kleine Kamera hat gestern entgültig den Geist aufgegeben, nachdem sie schon tagelang beim Filmtransport bemitleidenswert geknirscht hat. Nun denkt sie bereits nach dem ersten Foto, der Film sei voll und spult zurück. Hmm, ich hoffe, jemand kann sie in Pokhara reparieren, sonst muss ich eine neue Kamera kaufen. Um nicht ganz fotolos meines Weges zu gehen, habe ich in Tatopani tatsächlich eine Quicksnap-Wegwerf-Kamera erstehen können. Für teuer Geld, versteht sich. Naja, sechs bis sieben Euro sind nicht wirklich viel Geld für das Privileg, solch eine Rarität am Arsch der Welt gefunden zu haben. Doch der Ladenbesitzer hat seinen Shop nach meinem Kauf sicher erst einmal geschlossen und ist in Urlaub gefahren...

Ach ja: Zum Dinner habe ich mir Chang bestellt, nachdem ich gestern mal daran genippt hatte. Sie nennen es nepalesisches Bier, was allerdings eine sehr phantasievolle Bezeichnung ist. Es handelt sich, glaube ich, um leicht angegorene Gerste und erinnert geschmacklich ein bisschen an Federweißen. Jedenfalls sehr lecker und vor allen Dingen mit 15 Rupien pro Becher billiger als jedes andere Getränk auf der Karte. Wahrscheinlich, weil es sich sowieso kein anderer Touri als ich zu trinken traut...


Unter Mumien und Bergmonstern

Tukche, 14. April

Ganz so schlimm ist es doch nicht um mich gestellt. Nach einem guten Abendessen gestern und einem lecker-schleimigen Porridge mit Apfel zum Frühstück bin ich heute wacker und klaglos ein üppiges Stückchen weg gewandert. Aber die Gegend war auch wirklich sehr motivierend: Tannen, braune Hügel, breite weiße Bergmonster und Steine, Steine, Steine. Und zwischendurch immer mal wieder ein tibetisch anmutendes Steindörfchen mit freundlich grüßenden Menschen - genau, wie es sein muss, damit Petra sich wohlfühlt.
Aber auch die vielen Pilger, die mir begegneten - rot gekleidete Brahmanenfrauen oder verwegen aussehende Sadhus mit Dreizack über der Schulter - waren stets gut gelaunt und fröhlich am schnattern (naja, die Sadhus nun eher nicht...), obwohl sie bereits den marsch vieler Tage in ihrern badelatschenbesohlten Füßen haben mussten.

Fünf von ihnen, ein sehr netter Trupp älterer Herren auf dem Weg nach Muktinath, wurden denn auch in den letzten zwei Stunden zu meinem privaten Geleitschutz. Wir gingen ungefähr das gleiche Tempo und so begegneten wir und unterwegs immer wieder. Sie hatten viel Spass daran, dass ich einen Stecker in der Nase trug, genau wie die Nepalesinnen. (Einheimische haben mir in letzter zeit sowieso öfters gesagt, ich sähe mit meinem Wollschal, dem Rock und dem Nasenschmuck schwer nepalesisch aus. Ich glaube, ich mutiere langsam...)
Jedenfalls gestalteten sich die letzten Kilometer, in denen ich laut meinem "Loneley Planet" im Wald parallele zum Fluss gehen sollte, überraschenderweise so, dass ich im Fluss, parallel zum Wald ging.

Offensichtlich führte der kürzeste Weg geradewegs durchs ausgetrocknete Flussbett des Kali Gandaki, der als schmächtiges Flüsslein im viel zu großen Mantel vor sich hin plätscherte und auf den Monsun zu warten schien. Schwer vorzustellen, dass er in zwei Monaten diese riesige Fläche aus Sand und Kieselsteinen unter sich begraben wird und ein paar der leichtsinnig ins Flussbett gesetzten Holzhütten gleich mit.

Als mir mitten in dieser Kieselwüste der alarmierende Gedanke kam, das Dorf, das ich anpeilte, möglicherweise gar nicht zu bemerken, weil es einen halben Kilometer seitlinks von mir hinter Bäumen versteckt sein könnte, liefen mir wieder mal meine fünf Pilger auf und boten mir an, ihnen zu folgen. Also bin ich ihnen artig hinterher getappst und glücklich in Tukche angekommen. Schade, dass ich mich kaum mit ihnen verständigen konnte.

Was mir heute wieder mal auffiel, ist, dass ich genau dann zur Höchstform auflaufe, wenn andere Trekker beginnen, ihre Winterkleidung aus den Rucksäcken zu kramen und den Kopf unter Mütze und Schal zu vergraben, bis nur noch zwei unglückliche Äuglein durch den Spalt blinzeln. Unzählige dieser Mumien kamen mir im Flussbett entgegen, während ich fröhlich im T-Shirt dem bissigen Wind trotzte. Aber ich gewinne sowieso immer mehr den Eindruck, dass der Jomsom-Trek die Weicheierpiste ist: die Hotels zu sauber, die Schilder zu deutsch und die Touris zu sehr Kleinfamilie! Doch die Landschaft ist wunderschön und das ist alles, worauf es ankommt!


Tal-Trauma

Kagbeni, 15. April

Ich habe Täler noch nie gemocht. Sie sind windig und öde. Die Schlucht, durch die ich mich seit zwei Tagen kämpfe, ist ein Paradebeispiel für so ein trostloses Stück Landschaft. Immer geradeaus, immer im Wind, immer über Kieselsteine und immer eingehüllt in Wolken. Ich frage mich, warum der Jomsom-Trek der beliebteste von allen ist, denn dieses Am-Fluss-Langrennen geht mir wirklich manchmal schwer an die Nerven! Vielleicht tue ich dem Tal ja unrecht, vielleicht ist die Aussicht bei schönem Wetter ja gigantisch. Hätte ich allerdings nicht schon vorher wunderbare Bergsichten gehabt, wäre ich von diesem Trek schwer enttäuscht.

Weil ich unterwegs denn auch keinen Platz fand, an dem ich hätte bleiben wollen, bin ich weiter und weiter gegangen, bis ich nach sechsstündigem Geradeauswandern schließlich in Kagbeni gelandet bin, einer steinalten Festung, durchsetzt von unzähligen Lodges und gespickt mit Strommasten.
Hier ist es sehr nett, windig und glücklicherweise wieder billiger als in Tukche (Luxuskaff...). Gleich nach meiner Ankunft in der Lodge habe ich mir ein Chang bestellt, so erfreut war ich, es wieder auf der Karte zu finden. Meine Bedienung muss sich schwer gewundert haben. Jetzt Hunger ich vor mich hin und warte wiedermal darauf, dass man mich endlich nach dem Abendessen fragt. Da ich unterwegs nicht zu Mittag esse und nur sporadisch frühstücke, knurrt mir gegen fünf meist elendig der Magen. Aber es lohnt sich für die Lodges nicht, die Küche für einen allein anzuschmeißen, also muss ich mich noch etwas gedulden.
Zum Frühstück habe ich mir übrigens unterwegs eine Tüte getrockneter Apfelringe reingezogen, eine Spezialität der Region. Bin mal gespannt, was mein Magen zu dieser ungewohnten Überdosis an Verdauungsförderung sagt...


Im Garten der speienden Kühe

Muktinath, 16. April

Nach meinem heutigen Pilgergang nach Muktinath dürften mir wohl alle Sünden vergeben sein. Der Weg hierher war zwar kurz, aber heftig - bin nun ungefähr tausend Meter höher als gestern. Allerdings habe ich mein Lager in Jharkot aufgeschlagen, einige Meter unterhalb der eigentlichen Pilgerstätte, so dass ich die letzten Meter fröhlich und ohne Rucksack hinauf traben konnte. Fast wusste ich schon gar nicht mehr wie das ist, sich ohne die knubbelige Mutation am Rücken zu bewegen...

Muktinath, das heiligste aller Heiligtümer für Nepals und anderer Länder Hindus und Buddhisten, war erstaunlich unspektakulär. Ich habe Menschenmassen erwartet, die sich zwischen pompösen Tempelanlagen tummeln und fand einen großen vertrockneten Garten vor, hinter dessen dürren Bäumchen sich ein paar schmucklose Gotteshäuser versteckten. Dennoch hatte das Gelände einen gewissen Zauber. Ich bin herumgeschlendert und habe mir vorzustellen versucht, warum die Menschen selbst aus Südindien ausgerechnet hierher pilgern.

Einige von ihnen wandelten halbnackt an einer Wand mit 108 kuhförmigen Wasserspeiern entlang, da eine Dusche unter jedem der Güsse die optimale Segnung verspricht. Ich selber habe dann doch lieber darauf verzichtet. Allerdings hat mir ein Sadhu gegen ein paar Rupien einen orangefarbenen Punkt auf die Stirn gedrückt, was wohl für die nächsten Tage eine genügende Portion an Glück bedeutet.

Muktinath ist ein wirklich schöner Ort - geschmückt mit Gebetsfahnen, Manisteinen und aus dürftig angestrichenen Milchpulverdosen bestehenden Gebetsmühlen. Ich habe lange herumgesessen und mir die Berge angeschaut. Die Landschaft ist seit dem ersten Aufstieg hinter Kagbeni außergewöhnlich schön. Karg, steinig, felsenwüstig, rotbraun mit dunkelbraunem Dach. Ein wunderbares Himalaya-Klischee. Ich habe den heutigen Weg sehr genossen. Ein würdiges Stück Land für einen heiligen Ort.

Morgen steige ich wieder ab - ein langer Weg durch Wind, Staub und Hitze liegt vor mir. Ich würde ja gerne so dekadent sein und von Jomsom nach Pokhara fliegen, aber 61 US Dollar sind wirklich übertriebener Luxus. Also muss ich noch ein paar Tage weiter latschen. Ich freue mich auf ein sauberes Bett und eine warme Dusche in Pokhara. Meine Fingernägel sind sind dauerschwarz, meine Haare verfilzen langsam und mein Körper juckt von Insektenstichen und Staubablagerungen.
Ich bin ein großer roter Rucksack mit einer kleinen schmutzigen Frau vorne dran.


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Petra und ihr Tagebuch
zwei Rupien-Münze
Schöner als drei Euro-Cent:
zwei Nepalesische Rupien
Steinchen
Einer von Vielen:
Steinchen aus Kali Gandakis Bett
Karte Kagbenis
Apfel-Oase:
Kagbeni stellt sich vor